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Halbzeit in Italien

Ein Jahr, das gekennzeichnet war von politischen Streiks – inklusive Generalstreik –, Friedensdemonstrationen und scharfen Auseinandersetzungen um die Justizpolitik. Zuerst hatten die Gewerkschaften mobil gemacht, dann die Intellektuellen und sogar Teile des Justizapparats, schließlich die „no-globals". Und nun Kommunalwahlen zur Mitte der Regierungszeit von Silvio Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis.

Insgesamt elfeinhalb Millionen ItalienerInnen waren zu den Urnen gerufen: In zwei Regionen, zwölf Provinzen und 502 Städten und Gemeinden wurde von Mitte Mai bis Anfang Juni gewählt mit der Option auf Stichwahl bei Stimmengleichheit in Region, Provinz und größeren Städten.

Hat sich die Zuspitzung der Konflikte nun niedergeschlagen? Dazu muss man wissen, dass in absoluten Zahlen die beiden großen Lager seit langem ungefähr gleich stark sind.

Nach diesen Kommunalwahlen sehen die Parteien der Opposition schon das Ende der Ära Berlusconi kommen, denn sie haben ausgerechnet, dass der centrosinistra, hochgerechnet, nun die Mehrheit hätte; bei Anwendung des – geltenden - Mehrheitswahlrechts sogar die absolute. Zusammengerechnet wurden dabei die Stimmen sowohl des Ulivo, also der bürgerlichen Opposition, und der ehemaligen Kommunisten – DS -, wie der existierenden kommunistischen Parteien, der Grünen, der Partei des ehemaligen Mailänder Staatsanwalts Antonio Di Pietro, allerlei autonomer Gruppierungen und Bürgerlisten, mit denen lokale Bündnisse eingegangen wurden. Aber die Opposition ist kein einheitlicher Block.

Personen haben in Italien immer schon eine relativ große Rolle gespielt, da die WählerInnen über Kumulationen die Reihenfolge auf den Parteilisten ändern und einzelne KandidatInnen nach oben stimmen konnten. Seit teilweiser Einführung der Direktwahl in Region und großen Gemeinden sind sie noch wichtiger geworden: für die Parteien des Mitte-Links-Spektrums ein größeres Problem, weil ihnen an vielen Orten ihre Uneinigkeit zum Verhängnis zu werden droht. In Riva (Trentino) hat ein autonomer Kandidat mit seinen mehr als 17% nicht nur verhindert, dass einer der Kandidaten der beiden Lager im ersten Durchgang gewählt wurde. Er hat auch wesentlich daran Anteil, dass die Margherita – das lokale Mitte-Links-Bündnis – von fast 25% bei der letzten Wahl auf kaum mehr als 9% abgestiegen ist.

Hingegen, wo centrosinistra alle Parteien seines Spektrums einigen konnte, gelang es oft sogar auf Anhieb, die Berlusconi-Koalition – Casa delle Libertà - zu überflügeln. Gegenüber 4 Provinzen für Mitte-Rechts, hat der centrosinistra in 5 gewonnen; mit überraschend großem Abstand auch die Provinz Rom.

Alfonso Pecoraro Scanio, der Präsident der Verdi, sieht den relativen Erfolg als Effekt des zugespitzten politischen Klimas und unterstreicht die Aufgabe, alle Kräfte der Opposition ohne Wenn und Aber zu einer Koalition zu bündeln. Der Erfolg, gerade auch in großen Städten wie Pisa, Ivrea, Massa gibt ihm Recht. Aber die Verdi selbst haben an manchen Orten wieder in eigenen kleinen Listenverbindungen kandidiert und sind damit ein – wenn auch geringes - Risiko eingegangen, den Erfolg des centrosinistra-Kandidaten als Bürgermeister oder Provinzpräsidenten zu gefährden. Trotzdem hat es für die Grünen zumeist nicht für einen eigenen Stadt- oder Provinzabgeordneten gereicht.

Fast überall bewegen sich die Wahlergebnisse der Verdi zwischen unter 1 bis 3%. Wenige Ausnahmen: Die frühere Präsidentin der Grünen, Grazia Francescato, hat in Villa San Giovanni (RC) 5,5% und ein Mandat als Gemeinde-Abgeordnete erhalten. In Riva, wo die Verdi traditionell gut abschneiden, haben sie mit einer Listenverbindung fast 8% erhalten. In San Donà del Piave im Veneto 5,2%, in einem römischen Wahlkreis 5,3%.

Das nationale Direktorium der Verdi ist dennoch zufrieden mit dem Ergebnis, insbesondere mit den 3% in Rom und den 2% in Palermo und sieht die positive Trendwende gegenüber den Europa- und Nationalwahlen bestätigt. Vergliche man allerdings die aktuellen Ergebnisse mit den letzten Kommunalwahlen, müsste man zu einer anderen Einschätzung kommen: In Palermo waren es zuvor 3%, in Rom 4,6%.

In Rom (Provinz) – und nicht nur dort – hatten die Grünen mit einem Sonderproblem zu kämpfen. Es waren zwei „Schein"-Listen angetreten, die den Begriff „Verdi" und vergleichbare Logos führten und ein paar Zehntelprozente einsammelten. Darüber hinaus sind in Rom deshalb 12.000 Stimmen annulliert worden: Verwirrte BürgerInnen, die sich auf den Wahlzetteln nicht zurecht fanden, hatten zu viele „grüne" Kreuzchen gemacht.

© Juni 2003 Annemarie Nikolaus

 

 

Copyright © 2001 Annemarie Nikolaus
Stand: 16/01/07