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Kongress der italienischen Verdi:

Neuer Startversuch

Auf ihrem Parteikongress Anfang Dezember letzten Jahres haben die italienischen Verdi versucht, ihren Standort im Parteiengefüge neu zu bestimmen und eine Strategie zu finden, um die Wahlniederlage des Frühjahrs wieder wettzumachen.

Die Verdi hatten es in den letzten Monaten ein bisschen leichter als die deutschen Grünen, blieb ihnen doch eine vergleichbare Zerreißprobe anlässlich des Afghanistan-Krieges erspart. Sie konnten statt dessen innerhalb des Ulivo-Bündnisses kompromisslos den pazifistischen Flügel bedienen und damit der gewachsenen Ablehnung des Krieges unter der Bevölkerung Rechnung tragen.

Auf den ersten Blick scheint die Partei kein Identitätsproblem zu haben: Sie ist einhellig gegen Amerikas „neuen Krieg". Sie teilt die Positionen der No-global-Bewegung. Und nach wie vor sind die Verdi diejenigen, die sich am konsequentesten um den Umweltschutz kümmern.

Man könnte eigentlich auch erwarten, dass sie kein Akzeptanzproblem hat: Ein großer Teil der Bevölkerung ist gegen die Beteiligung Italiens am Krieg in Afghanistan und erst recht anderswo. Umweltschutz ist ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Anliegen. Die Globalisierung halten ein Drittel aller WählerInnen für ein negatives Phänomen. Dennoch befinden sich die Verdi auf ihrem historischen Tiefpunkt. Nie zuvor hatten sie so wenige Wählerstimmen wie im vergangenen Jahr.

Grund ist zum einen, dass ihre potentiellen WählerInnen nicht in Gänze ihre Auffassungen teilen: So sehen 20% der grünen WählerInnen positive Aspekte in der Globalisierung; gar 26% befürworten die Beteiligung Italiens am Krieg in Afghanistan. Mit pointierten Aussagen riskieren die Verdi somit, einen – weiteren - Teil ihrer AnhängerInnen zu verlieren.

Zum anderen sind viele ItalienerInnen, die die Positionen der Verdi befürworten, traditionell anderen Parteien verbunden. Die Pazifisten beispielsweise finden genauso gut eine Heimat in den beiden kleinen kommunistischen Parteien – mit Bertinotti außerhalb des Ulivo, mit Cossuta gar innerhalb. Für Umweltschutz fühlen sich auch die Democratici – die Partei Romano Prodis und der „fortschrittlichen" BürgermeisterInnen – zuständig, und ihr Umweltminister in der letzten Regierung hatte die Politik des Grünen Ronchi fortgesetzt.

Mit den „no globals" ist es im Alltag auch nicht so einfach: Einer ihrer Anführer, Luca Casarini, wurde auf dem Kongress der Verdi als „gewalttätig" ausgepfiffen. Er andererseits legte Wert auf die Feststellung, dass sich die Bewegung von niemand repräsentieren lasse. Und auch dieses Revier müssen sich die Verdi mit Bertinottis Prc teilen. Obendrein ist für die orthodoxen Kommunisten der Rifondazione comunista ihr konsequenter „proletarischer" Klassenstandpunkt ein deutlicher Vorteil.

Während des Kongresses hatte Alfonso Pecorario Scanio kurzerhand eine Unterscheidung getroffen zwischen „no globals", die sich nicht institutionell einbinden ließen, und „new globals", die nicht den Kapitalismus abschaffen wollten, sondern die Globalisierung transformieren. Mit diesen „new globals" sieht er sich einig. Als erste konkrete Aktion haben sich die Verdi jetzt der Unterschriftensammlung für die Einführung der Tobin Tax angeschlossen.

Der ex-Landwirtschaftsminister Pecorario Scanio ist zum neuen Präsidenten der Verdi gewählt worden. Er definierte die künftige Rolle der Partei als die eines „Reißverschlusses", der einen Teil der no-global-Bewegung mit dem Ulivo verbinde, und gleichzeitig den einst siegreichen Ulivo rekonstruiere, indem die Gruppierungen zurückgewonnen werden, die seit 1996 verloren wurden; zum Beispiel die Partei des eigenwilligen ehemaligen Mailänder Staatsanwalts Antonio Di Pietro – und auch alle anderen, die gegen die jetzige Regierungskoalition sind.

Wie schon nach den lokalen Wahlen im Frühsommer ist zudem als künftige zentrale Aufgabe die Entfaltung neuer Initiativen zur Verankerung des Umweltschutzes auf lokaler Ebene bestimmt worden. Die Verdi haben zur Zeit etwas 17.000 Mitglieder; sie stellen 25 Bürgermeister oder Vize-Bürgermeister und einen Provinz-Präsidenten.

© Januar 2002 Annemarie Nikolaus

 

 

Copyright © 2001 Annemarie Nikolaus
Stand: 19/12/06