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italienische Linke                                            

 

 

 

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Zwei Parteien der centrosinistraDS und Verdi - haben Ende November und Anfang Dezember versucht, auf Parteikongressen ihren Standort neu zu definieren und eine Strategie zu finden, die Wahlniederlage des Frühjahrs mittelfristig wieder wettzumachen.

Die Verdi haben es im Augenblick ein bisschen leichter als die deutschen Grünen, blieb ihnen doch eine Zerreißprobe anlässlich des Afghanistan-Krieges erspart. Sie konnten statt dessen innerhalb des Ulivo – gemeinsam mit den Kommunisten Armando Cossuttas – einhellig und kompromisslos den pazifistischen Flügel bedienen. Das hat zwar zu Reibungen innerhalb des Bündnisses geführt, da Francesco Rutelli sich als „staatstragend" darstellen wollte. Aber angesichts der wachsenden Ablehnung des Krieges unter der Bevölkerung ist dies dem Ulivo von Nutzen.

Für die DS dagegen war die Frage der Kriegsbeteiligung Italiens eine weitere der vielen Zerreißproben der letzten Monate innerhalb der Partei. Im Sommer hatte gar das Wort „Spaltung" die Runde gemacht. Gleich nach den Wahlen hatte das Tauziehen um die Fragen nach den „Schuldigen" begonnen. Dann kam der Streit um die Rolle der Partei innerhalb des Ulivo, denn mit dem Aufstieg der Margherita hat die DS koalitions-intern an Einfluss verloren. Sodann eine Reihe von personellen und inhaltlichen Flügelkämpfen, verknüpft mit der seit Jahren schwelenden Frage, sich mehr zur Mitte oder wieder mehr nach Links zu orientieren: reformistische oder antagonistische Linke?

Auf den ersten Blick scheinen die Verdi als Partei kein wesentliches Identitätsproblem zu haben: Sie sind einhellig gegen Amerikas „neuen Krieg". Sie teilen die Positionen der No-global-Bewegung. Und nach wie vor sind sie diejenigen, die sich am konsistentesten um den Umweltschutz kümmern. Ein großer Teil der ItalienerInnen ist gegen die Beteiligung am Krieg in Afghanistan. Umweltschutz ist ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Anliegen. Die Globalisierung halten ein Drittel aller WählerInnen für ein negatives Phänomen. Dennoch befinden sich die Verdi, was Wählerstimmen betrifft, auf ihrem historischen Tiefpunkt.

Zum einen haben sie das Problem, dass ihre eigenen WählerInnen nicht in Gänze alle Positionen teilen: So sehen 20% der grünen WählerInnen positive Aspekte der Globalisierung; gar 26% befürworten die Beteiligung Italiens am Krieg in Afghanistan. Mit pointierten Positionen riskieren die Verdi somit, einen Teil ihrer AnhängerInnen zu verlieren. Zum anderen ist ein großer Teil der WählerInnen, die die Positionen der Verdi befürworten, parteipolitisch schon anderweitig gebunden. Die Pazifisten beispielsweise finden genauso gut eine Heimat in den beiden kleinen kommunistischen Parteien – mit Bertinotti außerhalb des Ulivo, mit Cossuta gar innerhalb.

Mit den „no globals" ist es im konkreten Alltag auch nicht so einfach: Einer ihrer Anführer. Luca Casarini, wurde auf dem Kongress der Verdi als „gewalttätig" ausgepfiffen. Er andererseits legte Wert auf die Feststellung, dass sich die Bewegung von niemand repräsentieren lasse. Und auch dieses Revier müssen sich die Verdi mit Bertinottis Prc teilen. Obendrein ist hier der konsequente Klassenstandpunkt für die Rifondazione comunista ein deutlicher Vorteil.

Propagiert wird wie nach den lokalen Wahlen im Frühsommer eine Leit-Rolle der Partei bei der Festigung des Mitte-Links-Bündnisses und neue Initiativen zur Verankerung des Umweltschutzes auf lokaler Ebene.

Der neue Präsident der Verdi, ex-Landwirtschaftsminister Alfonso Pecorario Scanio, sucht dabei einen Weg auf halber Strecke zwischen Bertinotti und – Antonio di Pietro. Dem Außenseiter hatte der Kongress einen deutlich besseren Empfang zuteil werden lassen als Francesco Rutelli.

Pecorario Scanio definierte die künftige Rolle der Partei als die eines „Reißverschlusses", der einen Teil der no-global-Bewegung mit dem Ulivo verbindet, und gleichzeitig den einst siegreichen Ulivo rekonstruiert, indem die Kräfte zurückgewonnen werden, die zwischen seit 1996 verloren wurden, eben zum Beispiel die Partei Di Pietros. - Am besten alle, die gegen die centrodestra sind. Um neue Risse innerhalb der Verdi zu verhindern, unterschied er kurzerhand zwischen „no globals", die sich nicht institutionell einbinden ließen und „new globals", die nicht den Kapitalismus abschaffen wollten, sondern lediglich die Globalisierung transformieren.

Während er sich mit Di Pietro einig ist, eine Neuauflage des Ulivo als plurale Gruppierung autonomer und gleichberechtigter Kräfte zu lancieren, vertritt Bertinotti aber die Position, dass die centrosinistra am Ende sei. Dessen Strategie zielt auf eine alternative Linke, in bleibender Konkurrenz zum Ulivo; mit der Möglichkeit, in einzelnen konkreten Fragen zusammenzuarbeiten.

Im Gegensatz zu den Verdi hat die DS auf ihrem Kongress zuvor ihr Symbol dem der Koalition untergeordnet. Mit der Wahl des „Dalemianers" Piero Fassino als Sekretär und Massimo d‘Alemas an der Spitze hat sich der sozialdemokratisch-reformistische Flügel durchgesetzt und sucht nun gemeinsam mit der Margherita nach Wegen für eine starke institutionalisierte Opposition. Die Partei scheint konsolidiert, aber die Spaltung der Linken hat sich dadurch eher verfestigt. Die italienische Linke bewegt sich zu einem beachtlichen Teil außerhalb der DS; angefangen von Bertinottis Partei über die Kommunisten Cossuttas bis hin zu einem Teil der Gewerkschaften. Und auch die Hälfte der Wählerschaft der Verdi lokalisiert sich „links".

© Annemarie Nikolaus

 

 

 

 

Copyright © 2001 Annemarie Nikolaus
Stand: 19/12/06